"Seidene Weiber-Struempff, doch ohne goldene Zwickel" - Kleidung im Fokus von Recht und Sitte

 

Öffentlicher Vortrag an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, umrahmt mit historischen Tänzen aus Renaissance und Frühbarock der Gruppe Saltarello

 

Heidelberg, 9. Juni 2011, 18.15 Uhr, Akademiegebäude, Karlstraße 4

                                                                                                

Heidelberg. Die Mitarbeiterreihe der Heidelberger Akademie der Wissenschaften wird mit einer Doppelveranstaltung am 9. Juni 2011 fortgeführt. Ingrid Lemberg, Expertin für deutsche Rechtssprache, wird in ihrem Vortrag über die Bedeutung und Symbolik von Kleidung und über Vorschriften für Kleidung, insbesondere in der Zeit vom Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit, sprechen und dabei den Bedeutungswandel zu heute vor Augen führen:

„Die Wahl unserer Kleidung wird heute bestimmt von Jahreszeit und Witterung sowie den Anlässen, zu denen wir sie tragen, von unserem Geschmack und vielleicht von unserer Absicht, mit Kleidung ein bestimmtes Image zu erzeugen. Unsere Wahlfreiheit ist dabei sehr groß. Ganz anders im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, als Recht, Ordnung und soziales Miteinander in hohem Maße von Ritualen und Symbolen geprägt waren. Kleidung signalisierte Standeszugehörigkeit und Sozialstatus und war somit Mittel der gesellschaftlichen Zuordnung und Abgrenzung. Zahlreiche Kleiderordnungen regelten diese sozialen Normen und sorgten überdies für die Einhaltung von Sitte und Moral“, sagt Ingrid Lemberg. Weiter betont sie, dass auch in vielen Rechtshandlungen Kleidungsstücke eine Rolle spielen. Reste davon spiegeln sich heute in Ausdrücken wie „jemandem den Fehdehandschuh hinwerfen“ oder „ein Amt bekleiden“ wider.

 

Galliard Renaissancetanz              Renaissancetanz" Gaillarde", Detail aus "Antiochus und Stratonice" vom sog. Meister der Stratonike, Siena, 15. Jh. (heute in  der Huntington Library, San Marino (Kalifornien), Foto: Wikimedia

Begleitend zu dem Vortrag wird die Gruppe SALTARELLO historische Tänze aus Renaissance und Frühbarock in historischen Kostümen vorstellen. Dr. Nicoline Winkler, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und Mitglied des Heidelberger Ensembles SALTARELLO umschreibt die Darbietung wie folgt: „‚Putzsucht und hoffärtiges Leben’ – der Gesellschaftstanz als ein Bestandteil der höfischen Kultur kann nicht losgelöst von der vorherrschenden Kleidermode gesehen werden. Fließende Kleiderstoffe, lange Schleppen unterstreichen die schlichten, an Natürlichkeit orientierten Bewegungsformen im Gesellschaftstanz der Frührenaissance, der ab 1450 in frühen Traktaten an den oberitalienischen und burgundischen Fürstenhöfen überliefert ist.
Gut hundert Jahre später präsentiert sich ein völlig anderes Bewegungsbild: agile und ausgefeilte Fußtechnik kontrastiert mit einer kontrollierten Oberkörperhaltung. Die körperfeindliche Versteifung der Kleidung, die dem Oberkörper nur wenig Bewegungsfreiraum läßt, steht in perfektem Einklang mit der neuen, stilisierten Tanzkunst Italiens und Frankreichs, die sich in ihrer Bewegungsfreude dadurch aber keinesfalls bändigen läßt.“

Mitwirkende: Jürgen Wilz, Nicoline Winkler, Iris Zimmermann – Tanz, Johannes Vogt – Laute, Klaus Winkler – Dolzaina, Blockflöte

 
Die Referentin:

Ingrid Lemberg studierte Germanistik und Geschichtswissenschaften an der Universität Heidelberg. Sie arbeitete am Frühneuhochdeutschen Wörterbuch am Lehrstuhl von Prof. Dr. Oskar Reichmann, zunächst als studentische Hilfskraft, dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Seit 1991 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsstelle „Deutsches Rechtswörterbuch“ der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

 

Die Mitarbeiterreihe der Heidelberger Akademie der Wissenschaften:

Unter dem Motto „Wir forschen. Für Sie.“ sind Öffentlichkeit sowie Medienvertreter herzlich dazu eingeladen, mit Forschern persönlich ins Gespräch zu kommen. Von der Volkshochschule mit beworben, gehört die Mitarbeiterreihe seit inzwischen acht Jahren zum festen Veranstaltungsplan der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Dabei stellen mehrere Forschungsstellen ihre Projekte der Öffentlichkeit vor. Danach können offen Fragen diskutiert werden.

 

Die Reihe wird am 16. Juni 2011 mit dem Vortrag „Solch bacchantisch Sauleben: Studentenleben in Komödien um 1600“ fortgeführt.

 

verantwortlich: Redaktion