Religion und Gewalt – besteht eine Verbindung?

Pressemitteilung vom 10. Juli 2007

Öffentliches Symposion der Heidelberger Akademie der Wissenschaften widmet sich einer brisanten Frage – „Historische Dimension und vergleichende Perspektive sind gleichermassen wichtig“

 

Statt einig ihrem Schöpfer zu dienen, entzweien sich die Brüder Kain und Abel in tödlichem Streit. Um die rechte Erkenntnis Gottes, die rechte Auslegung seines Willens entbrannten und entbrennen Kriege. Von aufgeklärter Toleranz zeigt sich im beginnenden Jahrtausend wenig – weit eher wird die Weltgemeinschaft durch fundamentalistisches Gewaltakte bedrängt.
Foto: „Caino che uccide Abele“ von Andrea Camessei (1602 bis 1649). (Copyright: Fondazione Cassa di Risparmio di Perugia)

Das Thema „Religion und Gewalt“ hat eine dramatische Aktualität. Aber gerade diese Aktualität lässt oft vergessen, dass es kein einfaches Thema ist. „Das Symposion der Heidelberger Akademie der Wissenschaften will sich der Herausforderung der Frage, was es mit dem Zusammenhang zwischen Religion und Gewalt auf sich hat, mit der nötigen Anstrengung des Denkens zuwenden. Dabei werden die historische Dimension des Themas wie die vergleichende Perspektive gleichermassen wichtig. Das Kolloquium mutet seinen Gästen einen Nachmittag und Abend der Konzentration zu. Diese Zumutung ist dem Thema angemessen“, so Akademiepräsident Prof. Dr. Peter Graf Kielmansegg.

Vier hochkarätige Religionswissenschaftler beleuchten die Fragestellung aus dem Horizont ihres Fachgebietes. Die Öffentlichkeit ist herzlich eingeladen, an der Veranstaltung sowie der anschliessenden Diskussion teilzunehmen. Die Veranstaltung findet im Alten Ratssaal des Heidelberger Rathauses statt; sie beginnt um 16 Uhr und dauert voraussichtlich bis 21.45 Uhr.

Das Symposion eröffnet der Ägyptologe Prof. Dr. Jan Assmann mit dem Vortrag „Zum Ursprung religiöser Gewalt“, ihm folgt als Referent Bernd Janowski, Professor für Alttestamentliche Theologie mit dem Vortrag „Ein Gott der Gewalt? Perspektiven des Alten Testaments“. Ausgehend von einer allgemeinen Verhältnisbestimmung von Gott und Gewalt im Alten Testament untersucht Janowski anhand ausgewählter Beispiele – der Fluterzählung Genesis 6 - 8 und des Klagelieds Psalm 58 – die beiden Aspekte „Gott und der Abgrund der Gewalt“ (Fluterzählung) und „Gott und die Opfer der Gewalt“ (Klagelied).

Nach einer Pause fragt der Islamwissenschaftler Prof. Dr. Josef van Ess nach dem Verhältnis von Religion und Gewalt: „Dschihad als religiös legitimierte Gewalt? Zur Geschichte eines Begriffs“, so der Titel seines Vortrages. Religion und Gewalt seinen nicht essentiell mit einander verbunden, sondern erst die Exegese könne eine Verknüpfung herstellen, so seine These. Religion werde erst zur Begründung von Gewalt herangezogen, sie könne gleichwohl auch helfen, Gewalt einzudämmen. „Der Vortrag versucht dies am Beispiel des islamischen Dschihad-Begriffs aufzuzeigen. Vier Phasen der Entwicklungen werden herausgegriffen: der Koran, das islamische Recht (um ca. 1000 unserer Zeitrechnung), die Epoche des europäischen Kolonialismus (spätes 19. Jahrhundert) und der moderne Fundamentalismus“, so van Ess. „Erst in jüngster Zeit bedient sich der Dschihad der Mittel moderner Gewalt und Massenvernichtung.“

Den Abschluss bildet der Vortrag von Heinrich Freiherr von Stietencron. Der emeritierte Tübinger Professor für Indologie und Vergleichende Religionswissenschaft widmet sich dem Thema: „Der gerechte Krieg als religiöse Pflicht: Die Lehre der Bhagavadgita.“ Im Zentrum seines Vortrages stehen die Reflexion über den Krieg im altindischen Epos Mahabharata. Dort wird über den Erbfolgekonflikt im Reich der Kurus berichtet. Fürsten aus ganz Nordindien nehmen rücken mit ihren Heerscharen an: Drei Generationen von Helden wird dieser Krieg vernichten. Der Held Arjuna weiss es und verweigert den Kampf gegen die Verwandten. In dieser Situation greift sein Freund Krishna ein: Zwischen den Schlachtreihen, während schon die Hörner zum Angriff blasen, offenbart er sich als höchste Gottheit und fordert von Arjuna den Kampf: Es sei die Pflicht des Kriegers, dem Recht Geltung zu verschaffen.

 

Datum:Freitag, 13. Juli 2007
Ort:Alter Ratssaal des Rathauses Heidelberg, Marktplatz 10, 69117 Heidelberg.

Der Eintritt ist frei.



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Dr. Johannes Schnurr
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Letzte Änderung: 24.05.2018