Henker als Heiler - Vom einträglichen Nebenerwerb eines grausamen Handwerks

Öffentlicher Vortrag im Rahmen der Mitarbeiterreihe "Wir forschen. Für Sie." der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 5. Juni 2013, 18.15 Uhr

 

Bei dieser vor zehn Jahren ins Leben gerufenen Veranstaltungsreihe der Heidelberger Akademie der Wissenschaften unter dem Motto „Wir forschen. Für Sie.“ kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Forschungsstellen zu Wort. Die Vorträge richten sich an ein breites Publikum, um vielfältige Einblicke in die Forschungsarbeit an der Akademie zu geben. Öffentlichkeit sowie Medienvertreter sind herzlich dazu eingeladen, mit den Forschern persönlich ins Gespräch zu kommen, wenn im Anschluss an die Vorträge Fragen diskutiert werden.

 

Am Mittwoch, dem 5. Juni 2013, beginnt die diesjährige Reihe mit dem Vortrag „Henker als Heiler – Vom einträglichen Nebenerwerb eines grausamen Handwerks“. Dr. Andreas Deutsch (Leiter der Forschungsstelle „Deutsches Rechtswörterbuch“) wird über die heutzutage eher unbekannte Rolle der Scharfrichter als Heiler sprechen, die sich durch ihr grausames Handwerk anatomische Kenntnisse aneigneten und diese, häufig im Zuge eines lukrativen Nebenerwerbs, zum Heilen einsetzten.

 

Viele Henker vergangener Jahrhunderte waren zugleich begnadete Krankenheiler. Während sie im Hauptberuf Menschen enthaupteten und folterten, halfen sie als Nebenerwerb Kranken und Verletzten. Offiziell galt der Scharfrichter als „unehrlich“ und wurde von allen gemieden; in der Not suchten ihn aber selbst vornehme Persönlichkeiten auf. Vor allem in Zeiten mit wenigen Todesurteilen stellte dies für die Henker eine einträgliche, oft überlebenswichtige Einnahmequelle dar. Dabei war durchaus nicht nur Scharlatanerie im Spiel: Die Scharfrichter kannten den menschlichen Körper recht genau, konnten daher innere und äußere Verletzung geschickt behandeln. Nebenbei belieferten die Henker die Apotheken mit selbstgefertigten Medizinprodukten. Vielerorts wurden noch vor 200 Jahren Menschenschmalz und Menschenhirnschale in den Apotheken verkauft. Viele Scharfrichter erfreuten sich eines solch großen Zulaufs, dass die Ärzte und Wundärzte um ihre Kundschaft fürchteten, weshalb es auch zu Konkurrenzkämpfen kam. Nach und nach setzten sich die Ärzte durch, und den Henkern wurde das Heilen immer häufiger verboten.

 

Die Reihe ist öffentlich. Der Eintritt ist frei. Die Reihe wird am 12. Juni 2013 mit dem Vortrag „Die Erfindung der Kultur – Lebensweisen früher Menschen“ fortgeführt.

 

Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften, gegründet 1909, ist die wissenschaftliche Akademie des Landes Baden-Württemberg und eine der acht deutschen Akademien der Wissenschaften. Als außeruniversitäre Forschungseinrichtung verantwortet sie derzeit 21 Forschungsvorhaben, in denen etwa 230 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die rund 270 gewählten Mitglieder der Heidelberger Akademie treffen sich als herausragende Vertreter ihrer jeweiligen Disziplin regelmäßig zum fächerübergreifenden Gespräch, die Akademie veranstaltet wissenschaftliche Tagungen sowie öffentliche Vortragsreihen. Mit der 2002 erfolgten Einrichtung eines Nachwuchskollegs (WIN-Kolleg), der Ausrichtung der „Akademiekonferenzen für junge Wissenschaftler“ sowie durch die Vergabe von Forschungspreisen fördert sie herausragende jüngere Exponenten der Wissenschaft.

 

Datum: 5. Juni 2013

Beginn: 18:15 Uhr

Ort: Akademiegebäude, Karlstraße 4, Heidelberg

 

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.haw.uni-heidelberg.de/veranstaltungen/termine.de.html#heute

 

verantwortlich: Redaktion